Zu Gast bei Lucia und Noni im Kelmend

Im kleinen Dorf Muriq, mitten im Kelmend, haben Lucia und Noni mit viel Einsatz einen Campingplatz und ein einfaches Guesthouse aufgebaut. Sie versorgen ihre Gäste mit selbstgemachtem Essen und geben Einblicke in ihren Alltag in dieser abgelegenen Region Albaniens, wo vieles noch in Handarbeit selber hergestellt wird. Neben einer großartigen Gastfreundschaft und Herzlichkeit erlebt man hier eine ruhige, bodenständige Atmosphäre und bekommt einen echten Eindruck vom Leben dort.

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Ich bin im Kelmend auf einen besonders schönen und authentischen Platz gestoßen. Zu Gast war ich auf dem „Campingplatz Pepushaj“ von Lucia und Noni, in einem Seitental eines Nebenflusses des wilden Cem. Schon die Anfahrt macht richtig Spaß, der Weg führt durch eine beeindruckende Schlucht, in der zu beiden Seiten steile Berge hoch aufragen. Obwohl die Straße nicht asphaltiert ist, ist sie in gutem Zustand und ziemlich breit, sodass man sich keine Sorgen machen muss und jedes Auto die Strecke auch problemlos meistern kann. Am Ende der Schlucht wird man dann herzlich von Lucia und Noni empfangen und rollt einen kurzen, steilen Weg hinunter auf den Campingplatz. Aber keine Sorge, bisher haben es offensichtlich auch alle Autos wieder nach oben geschafft.

Muriq, das Dorf der beiden, liegt mitten in diesem großartigen Tal welches dramatisch an einem eindrucksvollen Berg mit imposanter Karstspitze endet, dem Maja Shnikut. Ganz in der Nähe vom Campingplatz und dem kleinen Guesthouse gibt es einen kleinen Wasserfall, außerdem kann man natürlich super wandern gehen und die anderen kleinen, abgelegenen Dörfer der Umgebung erkunden. Hier merkt man sofort, dass man noch in einem ursprünglichen und unverfälschten Teil Albaniens angekommen ist.

Im Dorf wird aktuell etwas gebaut, um den Wildfluss einzufassen, und vermutlich potenziellen Überschwemmungen vorzubeugen, aber das beeinträchtigt den Aufenthalt nicht und dürfte bald abgeschlossen sein. Insgesamt ist die Gegend unglaublich ruhig und idyllisch. Autos sieht man so gut wie nie, und die Atmosphäre wirkt fast wie aus einer anderen Zeit. Das Guesthouse ist schlicht, aber sauber, mit einem schönen (geteilten) Badezimmer, einer Terrasse mit toller Aussicht und zwei Doppel- und einem Einzelzimmer.

Lucia und Noni auf ihrer Terasse

Was diesen Ort aber wirklich besonders macht, sind die beiden Gastgebenden selbst. Die beiden arbeiten unermüdlich, um das Ganze am Laufen zu halten, und verdienen dafür größten Respekt. Lucia spricht etwas Englisch, sodass man sich mit ihr gut unterhalten kann. Noni kann neben Albanisch noch Serbisch, was mir persönlich nicht so viel geholfen hat, aber mit Händen und Füßen und Google Translate klappt die Verständigung trotzdem ziemlich gut.

Vor drei Jahren haben die beiden mit dem Guesthouse begonnen und bauen nun oberhalb davon an einem kleinen Restaurant. Bisher ist die Speisekarte noch handschriftlich in einem kleinen Büchlein festgehalten und besteht ausschließlich aus traditionellen albanischen Gerichten, darunter auch viele vegetarische und vegane Optionen wie Ofenkartoffeln mit hausgemachtem Käse oder gegrilltes Gemüse. Weil eigentlich alle Zutaten vom eigenen Hof stammen, kann man sich sicher sein, dass es frischer und regionaler kaum geht. Das Essen war reichhaltig, lecker und jeden Abend ein echtes Highlight.

Das wahrscheinlich jetzt bereits offene Restaurant
Lokale Spezialitäten frisch aus dem Garten

Während meines Aufenthalts traf ich dort auch eine kleine Familie aus Hamburg und ein belgisch-kroatisches Paar, das mit Zelt und Auto unterwegs war. Abends saßen wir alle gemeinsam mit Lucia und Noni am Tisch, tranken Wein, Bier oder Raki und kamen ins Gespräch. Diese Runden waren nicht nur unterhaltsam, sondern auch sehr lehrreich, weil man unglaublich viel über das Leben der beiden und den Alltag im Kelmend erfährt. Gerade diese Offenheit hat den Aufenthalt für mich besonders gemacht.

Das Kelmend ist eine der abgeschiedensten Regionen Albaniens und bekannt für ihren Stolz und ihre abermals kämpferischen Bewohnenden. Noch heute ist die Region in Albanien bekannt für ihren Widerstand gegen die Osmanen vor ein paar hundert Jahren, worauf die tief katholischen Kelmendis auch heute noch stolz drauf sind. Arbeitsplätze gibt es hier aber so gut wie keine, die meisten Menschen leben von ihrer kleinen Subsistenz-Landwirtschaft.

Noni spricht neben Albanisch, wie schon erwähnt, auch Serbisch. Das kommt daher, dass er einige Jahre in Montenegro auf dem Bau gearbeitet hat und dort Auslandserfahrungen gesammelt hat. Man merkt ihm aber jetzt an, dass er sehr stolz darauf ist, dass er und Lucia sich in ihrem Zuhause etwas Eigenes aufgebaut haben, das funktioniert, und dass die beiden damit auch sehr zufrieden sind.

Wenn man in dieser Region nicht selbst die Initiative ergreift und etwas aufbaut, gibt es kaum Möglichkeiten, um Geld zu verdienen. Deshalb sind auch die beiden Söhne von Lucia und Noni bereits vor sieben Jahren nach London gegangen, wo sie heute noch leben. Das ist ein großes Problem in ganz Albanien, und ich würde behaupten, dass nahezu jede Familie im Umkreis jemanden hat, der zum Arbeiten ins Ausland ausgewandert ist. Man merkt den beiden an, dass sie das sehr traurig macht und dass sie ihre Söhne vermissen. Immerhin können sie heute über WhatsApp und Videotelefonie täglich in Kontakt bleiben.

Aber wer weiß, vielleicht, wenn das Restaurant einmal richtig läuft, der Tourismus weiter zunimmt und sich Guesthouse und Campingplatz weiterhin gut entwickeln, dann könnte das ja auch irgendwann eine Perspektive für ihre Kinder sein, zurück nach Hause zu kommen und hier eine Zukunft zu finden.

Arbeit gibt es bei Lucia und Noni jedenfalls mehr als genug. Ihr Tag beginnt oft schon vor Sonnenaufgang mit einem Kaffee und einem Raki, sonst nichts, und endet erst spät am Abend. Nur mittags nehmen sie sich etwas Zeit für eine ausgiebige Mittagspause. Auf dem Hof wird so ziemlich alles selbst erzeugt: Weintrauben für rund 400 Liter Wein und etliche Flaschen Raki (der wird zusätzlich auch noch aus Pflaumen und Walnüssen gebrannt), Milch für Käse, Kartoffeln, Gemüse und Obst sowie Eier und Fleisch von den eigenen Hühnern und Kühen. Auch Forellen aus dem nahen Fluss kommen frisch auf den Tisch.

Während meines Besuchs hatte ein paar Tage vorher eine Kuh ein Kalb bekommen, was wirklich schön zu sehen war, und auch die Katze hatte Nachwuchs, sodass drei kleine Kätzchen über die Terrasse wuselten. Besonders beeindruckt hat mich, dass Lucia und Noni all diese Arbeit tatsächlich noch komplett von Hand erledigen. Es gibt keinen Traktor, keine Maschinen und keine Helfer, was für deutsche Verhältnisse kaum vorstellbar ist.

Drei Sorten selbst hergestellter Raki

Sobald das neue Restaurant eröffnet, wird sicher noch mehr Arbeit dazukommen, denn dann werden nicht nur Übernachtungsgäste, sondern auch Tagesausflügler*Innen mitessen wollen. Ich bin mir auch sicher, dass ich bei meinem nächsten Besuch in der Region wieder bei den beiden vorbeischauen werde. Ich freue mich schon darauf, zu sehen, wie das Restaurant geworden ist, das leckere Essen zu genießen und wieder ein paar Wanderungen in dieser wunderbaren Gegend zu unternehmen.

Falls ihr auch einmal Lust habt, diese herzlichen Menschen kennenzulernen und ein Stück echtes Albanien zu erleben, kann ich euch Muriq und den Campingplatz/das Guesthouse von Lucia und Noni wirklich empfehlen. Die beiden werden sich über euren Besuch freuen und ihr könnt noch ein sehr authentisches Stück Albanien kennenlernen, bevor sich auch hier die Zeiten sicher irgendwann ändern werden. Grüßt sie nett von mir!

Habt ihr es auch zu Lucia und Noni geschafft?

Wie hat es euch gefallen? Was habt ihr dort oder im Kelmend im Allgmeinen erlebt? Habt ihr noch weitere Tipps für ähnlich coole Campingplätze? Immer her damit!

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