Eigentlich sollte es nur ein entspannter drei- bis viertägiger Zwischenstopp am Meer werden. Nach einem Wochenende in Tirana und zwei Tagen Wandern in den Bergen von Shengjergji fanden wir über Park4Night einen dieser Stellplätze, die fast zu gut klingen, um wahr zu sein. Direkt am Strand, neben einer Beachbar und alle Leute waren hellauf begeistert. Und ausnahmsweise hatte das Internet mal nicht übertrieben.
Vom Van bis zum Wasser waren es keine zwanzig Meter, dazu gab es noch eine kleine Strandbar, eine Dusche, eine Toilette und ein paar andere Vans. Moni aus dem Saarland und Zef aus Albanien hatten diese Bar über die Wintermonate gepachtet und offen gelassen, anders als alle anderen der „nur-drei-Monate-pro-Jahr-offenen“ Bars dort am Strand. Da die beiden die Zeit dort aber auch nicht alleine verbringen wollten, wurde der Platz über P4N publik gemacht und Menschen aus ganz Europa eingeladen, was sich dann auch in Windeseile herumsprach und diese auch kamen. Manche wollten nur für eine Nacht bleiben und blieben zwei Wochen und kamen dann nach zwei Tagen schon wieder für eine weitere Woche zurück. Wir wollten auch erstmal nur für ein paar Tage bleiben, wir ich wurden es dann aber doch fast zwei Wochen. Leider etwas unfreiwillig.
Der Alltag dort war so, wie man sich das erhofft: Kaffee am Morgen, in der Sonne liegen, kleine Spaziergänge, in der Sonne liegen, Leute kennenlernen, in der Sonne liegen, in der Bar rumhängen, in der Sonne liegen, Bier trinken und dann schnell wieder zum Liegestuhl um in der Sonne zu liegen. Die Freundin, welche für eine Woche zu Besuch war, war sich ebenfalls schnell sicher, dass es keinen besseren Ort gab, um ihren Urlaub ausklingen zu lassen. Es war also wirklich entspannt und cool!


Am dritten Tag wollte ich mit dem E-Scooter kurz nach Lezha zum Supermarkt, sechs Kilometer durchs Naturschutzgebiet, ein Weg, den ich schon kannte. Nur die letzten paar Hundert Meter zum Strand bestanden aus einem Schotterweg. Auf dem Rückweg, kaum von der Asphaltstraße abgebogen, war da dann plötzlich ein tiefer, ca vier Meter langer Streifen feiner Sandstrand auf dem sonst recht harten Weg, in den ich dann mit knapp 20 km/h reingefahren bin. Die kleinen Reifen des Rollers blockierten natürlich direkt und ich machte einen üblen Salto nach vorne. Noch während ich mich aufraffte, war mir klar, dass das auf der einen Seite gerade ein ganz schön übler Sturz war und ich auf der anderen Seite auch ganz schön viel Glück im Unglück hatte.


Ziemlich zerschunden erreichte ich dann nach weiteren 500m, den Scooter mit einem Arm schiebend, wieder den Strand, wo ein Blick der am Wasser sitzenden Freundin für Sie direkt feststellen ließ: „Du hast dir den Arm gebrochen.“ Ich wollte es noch nicht ganz wahrhaben, aber wie ich den Arm hielt, ließ wenig Spielraum für Hoffnung. Es war mittlerweile später Nachmittag am 30. April. Ins Krankenhaus wollte ich heute eher nicht mehr. Ich legte mich erstmal fix und fertig ins Bett, kühlte und stabilisierte den Arm ein bißchen und schlief dann auch irgendwie, vielleicht auch ein noch ein bisschen unter Schock, relativ schnell ein. Am nächsten Morgen war der Arm dann noch um einiges steifer und schmerzte mindestens noch genauso sehr, wie am Vorabend.
Zef von der Strandbar regelte über sein Handy, dass der Radiologe früher in die Klinik kam, da an diesem 1. Mai – auch in Albanien ein Feiertag – morgens im Krankenhaus noch kein Radiologe Dienst hatte. Eine Stunde später saß ich dann beim Röntgen und bekam die erste Diagnose, dass da was mit der Elle nicht ganz stimmte und sich der Orthopäde das nochmal anschauen muss. Als dieser das dann später tat, musste der nur ungefähr zwei Sekunden aufs Bild schauen, tippte auf die Stelle im Röntgenbild und bestätigte den Verdacht des Radiologen mit den Worten „You have a fracture“. Scheisse! Ich konnte wählen zwischen klassischem Gips und abnehmbarer Schiene, welche zwar deutlich teurer, aber um Längen praktischer war, so dass ich nicht lange überlegen musste und die Schiene nahm, wars sich als goldrichtige Entscheidung herausstellte, wie ich später immer wieder merken sollte.

330 Euro musste ich für die Behandlung, Röntgen, Schmerzmittel und die Schiene vorstrecken, was mir aber alles problemlos und zügig von der Auslandskrankenversicherung erstattet wurde. Großes Kompliment an die HanseMerkur, das ging wirklich reibungslos. Ich blieb noch ein paar Tage am Strand, aber mit nur einem funktionierenden Arm war eigentlich alles ziemlich umständlich. Duschen, Haare machen (probiert mal, mit einem Arm einen Zopf zu machen!), den Gasherd anmachen… alles ging irgendwie, aber alles nervte. Die Freundin musste inzwischen auch zurück nach Deutschland fliegen und ich musste mich auch entscheiden, wie es denn jetzt weitergeht mit der Reise.
Eigentlich hatte ich vorgehabt, weiter in den Norden des Landes zu fahren um viel in den Bergen wandern zu gehen. Aber das musste ich jetzt eh erstmal abhaken. Und auch wenn es eigentlich am Strand ganz nett war, war ich doch an einem Ort wo ich nicht so lange bleiben wollte und wo ich doch sehr sehr unmobil war. Und so entschied ich mich, dass ich Zuhause, mit eigener Dusche, Geschirrspüler und der Möglichkeit zumindest mit öffentlichen Verkehrsmitteln auch mal woanders hinfahren zu können, doch am besten aufgehoben bin mit dem Arm, was also „Rückflug“ bedeutete. Nur musste für den Van noch eine Lösung gefunden werden. Albin aus der Werkstatt in Elbasan bot an, ihn bei sich unterzustellen. Wir überlegten kurz, ob sein Sohn Fridolin ihn holen sollte. Aber am Ende entschied ich mich, dass ich das schon irgendwie hinbekommen würde, den die 120 Kilometer auch mit nur einem Arm dort hinzubringen, was auch recht problemlos funktionierte. Der Orthopäde im Krankenhaus hatte zwar gesagt, dass ich nicht fahren dürfte, fügte aber hinzu, dass es in Albanien ohnehin alle tun, wenn denen sowas passiert.

Am nächsten Morgen brachte mich Fridolin dann zum Flughafen. Der Flug und der Weg von Hamburg nach Bremen war anstrengend, mit dem Rucksack nur auf einer Schulter und überfüllten Zügen, aber machbar. Am 10. Mai kam ich dann also wieder in Bremen an und war, obwohl ich die ganze Zeit trotzdem irgendwie ziemlich unwillig bei der ganzen Sache war, doch froh, wieder dort zu sein. Ich bekam bald darauf eine Physiotherapie verschrieben, musste noch nicht wieder arbeiten und konnte die ganze Sache in Ruhe auskurieren.
Natürlich war ich genervt weil meine Reise dann so schnell vorbei war und ich meine Pläne so über den Haufen werfen musste. Aber sich dann großartig drüber aufzuregen hätte dann auch nichts gebracht, da es an der Situation nichts geändert hätte. Aber ich hatte Glück im Unglück, so dass der Bruch z.B. nicht operiert werden musste und ich nach fünf Wochen die Schiene auch schon wieder abnehmen konnte. Im Endeffekt wurde mir auch noch einmal wieder bewusst, dass eine Auslandskrankenversicherung ein absolutes Must-Have ist. Egal wie lange, egal wohin es ins Ausland geht, schließt einfach eine ab. Und packt ein paar hundert Euro in bar irgendwo in den Van oder in euren Rucksack. Denn solange ihr nicht stationär aufgenommen werdet, zahlt ihr die entstehenden Behandlungskosten erst einmal selbst.
Ich habe mir dann für Mitte Juni wieder einen Flug nach Albanien gebucht um den Van abzuholen. Und auch wenn ich dann nicht so lange wie im Mai dableiben kann, werden die albanischen Alpen dann immer noch auf mich warten. Und im September dann auch nochmal, dann geht’s auf den Peaks of the Balkans-Trail.
Ist euch schon mal was Ähnliches passiert?
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